Eine spätabendliche Gedankenflut

Es ist 22:12 Uhr und ich habe meinen Weiterbewilligungsantrag für aufstockende Leistungen an das Amt geschickt. Fühlt sich ganz schön blöd an! Nur die Möglichkeiten als alleinerziehende Mutter, machen mir es nicht gerade leicht komplett unabhängig zu sein. Da spielen zusätzlich noch die Betreuungszeiten im Kindergarten eine erhebliche Rolle. Das Angebot des Nachmittags-Kindi gibt es hier nicht mehr. Personalmangel. Demnach versuche ich mich in den paar Stunden Morgens durchzuschlagen. Flexibel sein, ist also was anderes. Trotzdem bin ich meinem Chef aka "irgendwie wie ein Papa", auch dankbar, mir die Möglichkeit zu geben, die Arbeitszeiten anzupassen. Auch wenn es in diesem Job, den ich ausführe, eigentlich garnicht möglich ist.

Ich gebe zu, es war einfacher als alleinstehende Frau Fuss zu fassen. Es ist schwierig heute zu bestehen. Dabei höre ich immer wieder "du musst nur wollen, dann geht alles!". Hmm ... ich weiss nicht, ob man diesen Satz so stehen lassen kann. Ich will viel, nur die Möglichkeiten sind eher begrenzt. Und meine kreative Fähigkeiten, nach einem anstrengenden Alltag auch nicht mehr nützlich.
Ich werde mich dennoch damit nicht zufrieden geben, doch ich denke, Geduld und die richtige Zeit, gepaart mit Möglichkeit, ergeben am Ende das, was man will. 

Wie dem auch sei. Ich kann mich nicht beschweren. Ich habe eine Wohnung, einen kleinen Teilzeitjob, Essen im Kühlschrank und sogar ein Auto um zur Arbeit zu kommen. Mausi und ich leben bescheiden und dennoch gut. Uns fehlt es an nichts und das ist die Hauptsache. Ich bin davon überzeugt, dass es für mich auch irgendwie ein Vorteil ist, weniger zu haben. Denn am Ende bin ich auch diejenige, die in Krisenzeiten genau weiss, was zu tun ist. Schöner abschliessender Gedanke ...

Das leidige Thema "Abnehmen"

Da sind wir wieder. An dem Punkt, wo ich merke, es ging wohl wieder komplett in die falsche Richtung. Nichts Neues für mich. Ich bin ganz schön müde von dem Thema. Wie immer geistern mir alle möglichen Ursachen im Kopf herum und ich frage mich, warum ich immer bei allen Anderen "erkenne" was das eigentliche Problem ist, nur bei mir selbst nicht?

Seien wir mal ehrlich. Die Gesellschaft spaltet sich bei der Meinung über "Selbstakzeptanz" ... also akzeptiere dich so wie du bist. Andererseits ist das Thema Abnehmen in aller Munde. Jeder hat die erfolgsversprechende Diät gefunden und man müsse sich nur daran halten. Low Carb, FDH, Atkins, Vegan ( ach komm, auch das zählt mittlerweile zu einem gängigen Diätkonzept ), Shakes die eine Mahlzeit ersetzen und natürlich der Sport, wo Hoola Hoop auf Platz 1 ist. Also ein Sport, wo man sich nicht übermässig anstrengen muss. Also für Sportfaule die Lösung und die Kilos purzeln trotzdem *ironie*

Kommen wir zu meinem Problem. Ich bin, seit ich denken kann, "dick". Ich habe schon viele ... viele Diäten mitgemacht. Mal mit mehr Erfolg, mal mit weniger. Bringt nur alles nichts. Denn heute, in der Gegenwart, haben wir wieder einen Kampf verloren. Es sollte DER Kampf werden. Genau wie damals in Karlsruhe, als ich 50 Kilo abnahm ...

 

Schlussendlich mal wieder voll versemmelt. Und weil ich es versemmelt habe, macht es den Braten auch nicht fett, wenn ich endlich mal wieder ein Eis esse. Und der Tag darauf, weil ich schon Morgens gesündigt habe. Und der Tag darauf, weil ich Mittags zwei Teller gegessen habe. Und am darauffolgenden Tag ist dann alles egal und ich habe schon Morgens Bock auf Alles.

Woher kommt das? Was ist das eigentliche Problem? Vermutlich immernoch verborgen. Vermutlich tief in mir drin verankert. So wie bei so vielen Menschen. Nur Viele denken, das Essen sei das eigentliche Problem. "Lass doch einfach mal die Schokolade weg?!" "Iss doch einfach nur etwas Weniger" "Versuch mal Abends einen schönen grossen Salat zu essen".
Nein, dass ist es nicht! Bei keinem Menschen. Es ist tief. Tief in einem drin. Ausgelöst durch Traumas. Das Essen als Heiler. Das Essen als Trost. Gewohnheit. Jahrelang. Und immer wieder sucht man den "Aus-Knopf". Den "Jetzt-ist-Schluss Schalter". Fängt an, hat einen kleinen Erfolg, der aber durch Essen belohnt wird. Teufelskreis ... immer und immer wieder.

Nein, es ist nicht die Wahl des Essens. Die Schokolade am Abend. Die Cola, der Wein, die Pasta, die Pizza. Nein, dass ist es nicht. Es geht tiefer. Tiefer als das jemand von Aussen versteht, dass kein Tipp der Welt es schafft, dass man genau wegen diesem Tipp abnehmen kann.
Ganz alleine DU musst es schaffen. Ohne Hilfe. Ohne Tipps. DU bist dein Schöpfer. Nur du weisst wie du die Ursache bekämpfen kannst. Und wenn es nie sein wird, dann, weil du dich nie damit beschäftigt hast. Mit den Schattenseiten. Mit dem eigentlichen Problem.

Wie dem auch sei, Abnehmen ist keine grosse Kunst. Dagegen das Innen heilen, ein Meisterwerk ...

Bleiben wir mal bei der Wahrheit

Manchmal frage ich mich, ob Mütter jemals wirklich gesehen werden. Wieviel sie eigentlich stemmen müssen. Wieviel ihr Kopf arbeiten muss. Ganz abgesehen von den körperlichen Höchstleistungen, die wir schon am frühen Morgen vollbringen, wenn unser liebstes Mausilein sich auf den Boden schmeisst und nicht die blauen sondern die roten Schuhen zur Einhornjacke anziehen möchte. Irgendwann scheint dies dann Morgens egal zu sein. Nur das man dann als Mama es falsch macht die Jacke von rechts aufzieht, statt von Links. Blöde Mama!

 

 

Ich war früher jemand, der schnell sein Urteil über eine Erziehung zog. Für mich war es ganz einfach, für 2 Stunden ein Kind in die Schranken zu weisen. Danach ging ich mit Handkuss und knuddeliger Umarmung und hatte meine Aufgabe als Tante, Bekannte oder Freundin getan. Ich fragte mich immer, was daran denn schwer sei, ein bockiges Kind mal eben abzulenken. Mal konsequent "das Ding" durchziehen. Man müsse einfach nur mal ordentlich den richtigen Ton an den Tag bringen und dann klappt die Sache. Tja...

Jeden Morgen dasselbe Spiel. Meine fast 3 jährige Tochter ist in einer Phase angekommen in der sich selbstbestimmend, aber auch hilflos die Socken anziehen möchte. Jeden Morgen überlege ich mir, wie ich es am Besten anstelle, sie für den Kindergarten fertig zu machen, ohne ein wütendes Kind vor mir zu haben. Die Gedanken "versagt" zu haben sind allgegenwärtig. Kurz nen Artikel im Internet gelesen, dass es in diesem Alter völlig normal sei und meine Schuldgedanken sind wieder weg. Keine zwei Minuten später, während meine Tochter wütend gegen den Schrank trommelt, frage ich mich, ob ich vielleicht die Ausnahme bin, dass meine Tochter ja eigentlich ganz lieb wäre und ich das eigentliche Problem bin.
Ich zische ein "Jetzt ist aber Schluss!!!!", bevor ich ihr die Mütze auf den Kopf ziehe. Wütend zieht meine Tochter die Mütze wieder ab und ich fahre im selben Moment in die "Mach-doch-was-du-willst" Einstellung. Schlussendlich schaffe ich es schwitzend meine Mausi angezogen zumindest vor die Haustüre zu bringen, da gehts wieder los. Nach 45 Minuten schaffen wir es endlich in Richtung Kindergarten zu laufen und ich bin schon Morgens, um halb acht, verschwitzt.

Während Mausi im Kindergarten ist, kommen mir alle möglichen Gedanken. Warum erzählen Mütter so etwas nicht? Warum hörst du nie diese Seite als Elternteil? Man hört immer nur die "harmlose Variante" eines bockenden Kindes. Selten hört man die ganz harten "Trotzfälle".
Meine Tochter ist mit Sicherheit kein Einzelfall und zudem noch völlig harmlos in dieser Trotzphase. Also kein Härtefall 😏 Dennoch bleibt dieses Gefühl etwas nicht richtig zu machen. Dieses Gefühl, nicht genug ausgebildet, um Mama zu sein.
Plötzlich merke ich, wie ich verachtend werde, gegenüber den Müttern, die nie die Wahrheit erzählt haben. Immer hinterher erzählen "genau SO war es auch bei mir" und "... jetzt siehst mal wie es bei mir war!" Und mein Lieblingssatz von allen: "Also bei UNS war es nicht so..."  Okay, es bringt mir halt wenig, wenn ich erst hinterher versuche was zu reparieren, als wenn mir schon vorher jemand gesagt hätte:

Achtung, in der Trotzphase wird dein Kind vermutlich Dinge tun, in denen du fix und fertig sein wirst. Nichts wird helfen. Weder schreien, noch schimpfen, noch lieb reden, aber versuche Ruhe zu bewahren und deine Tagesroutine weiter normal zu bestreiten.

 

Das sind Aussagen, die mich ins Boot geholt hätten. Die mich hätten wissen lassen, nicht schon alles verkackt zu haben. Die mich wissen lassen, dass ich mir nicht jeden Tag den Kopf zerbrechen muss, wie ich es besser machen könnte. Schlussendlich müssen wir aber alle durch. Schlussendlich wird keiner dir wirklich die Wahrheit erzählen. Es wird dir keiner erzählen, dass das Ipad wohl eine gute Ablenkung ist, um den Stresspegel runterzufahren. Die Wenigsten würden dies zugeben. 

Ich bin trotzdem stolz auf mein Kind. Und auf mich. Wir machen das schon gut zusammen. Trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass die ein oder andere Schwierigkeit, in den harmlosesten Alltagssituationen auftaucht. Also ganz anders als das, worüber ich mir den Kopf zerbrochen habe. Und seien wir mal ehrlich. Wir machen alle das Gleiche durch und trotzdem geht jeder anders damit um. Vielleicht sollten wir Mütter doch irgendwie mehr zusammenrücken und uns stützen. Aber nicht in Form von "bei meinem Kind war das GANZ anders..." sondern eher "komm, lass uns nen' Kaffee zusammen trinken...".